Musst du bei KI-Videos und -Bildern auch oft zweimal hinsehen? Mir geht es auf jeden Fall manchmal so. Immer besser und ausgereifter wird die Technik der künstlichen Intelligenz, sie wird detaillierter und vor allem wahrheitsgetreuer. Der Trend zu KI-Reisevideos macht auch vor der Tourismusbranche nicht Halt. Heißt es ab jetzt: nächster Stopp unreale Reiseträume mit KI-Companion? Ein KI-Reisevideo ist soeben viral gegangen und wer genau hinsieht, sieht den Unterschied. Erkennst auch du ihn?
Auf den ersten Blick ist in dem Video ein Zug mit Luxusausstattung zu sehen, der durch eine wunderschöne Schneelandschaft fährt. Emin hat das Reel auf Instagram mit der Beschreibung "Imagine waking up on a train, sipping coffee, and soaking in this breathtaking snowy view. 🚂❄️ Who would you bring along for this unforgettable journey? 🏔️☕✨" veröffentlicht. Fast 3,3 Mio. Personen gefällt das Video, über 151 Millionen (Stand 18.12.) haben sich den Blick aus dem Panoramafenster des Zugs auf der beliebten Social-Media-Plattform angesehen. Kommentare wie "Where is this?" und "Wo kann ich den Zug buchen?" sammeln sich unter dem Video.
Was viele auf den ersten Blick nicht erkennen: Emin ist AI Art Creator und veröffentlicht auf seinem Account Videos, die er mithilfe von künstlicher Intelligenz generiert. Wie er den Content generiert, ist allerdings nicht gekennzeichnet und sorgt für viel Rätselraten unter seinen veröffentlichten Videos.
Damit steht er beispielhaft für die Diskussion, die auch in anderen Branchen schon stark entfacht ist: Welchen Einfluss wird KI zukünftig in der Tourismusbranche haben?
Reisebranche: Geht der Trend in Richtung KI?
Emin ist nicht der einzige Account, der KKI-generierteVideos auf Social Media veröffentlicht. Die Deutsche Zentrale für Tourismus pflegt das Instagramprofil der KI-Reisebloggerin @emmatravelsgermany und gibt inspirierende Tipps für den nächsten Deutschlandtrip. Emma selbst ist ein synthetischer Avatar, der vor bekannten Sehenswürdigkeiten wie dem Kölner Dom zu sehen ist. Sie wird auch auf der Website von Germany Travel als KI-gesteuerter Chatboot und AI Travel Companion vorgestellt.
Wie viel Mehrwert sie zukünftig ihren Follower:innen bietet, wird sich sicherlich noch zeigen. Wer allerdings Natürlichkeit, Vielfalt und Authentizität möchte, wird wahrscheinlich mit Emma nicht glücklich sein. Ihr Avatar ist „klassisch“ dargestellt: Weiblich, blond und mit makellosem Gesicht, mit Sommersprossen strahlt sie vor z. B. dem Dresdner Striezelmarkt. In der Beschreibung des Posts gibt es einige Tipps für den Besuch des Weihnachtsmarktes.
Soweit so gut. Spannend finde ich dabei, wie sich Deutschland nach außen präsentiert. Schließlich ist sie ein Marketingtool, das Inspiration für den nächsten Deutschlandtrip geben soll. Aber sieht es wirklich in Deutschland so aus, wie Emma es präsentiert?
Unreale Reiseträume vs. authentische Reiseerlebnisse
Emma verkauft unrealistische Reiseträume – etwas, das die Tourismusindustrie sicherlich in ihren Katalogen schon immer getan hat. Und doch gibt es standhafte Reiseblogger:innen, die zeigen, dass Deutschland mehr ist als seine bereits überall bekannten Sehenswürdigkeiten. Auf Social Media wird der Bogen sicherlich immer wieder überspannt: Menschenmassen, die aus Bildern und Videos wegretuschiert werden, oder Blickwinkel, die nur die schönste Seite eines Deutschlandtrips zeigen. Was ist aber das, was Reisende wirklich sehen wollen? Welche Erwartung haben sie dadurch? Ist die Enttäuschung nicht riesig, wenn es vor Ort anders aussieht als im KI-generierten Video?
Ich vermute mal, das muss jede:r für sich entscheiden. Der Einfluss von Instagram, TikTok & YouTube auf die Reiseplanung der Gen Z ist auf jeden Fall nicht mehr wegzudenken. Sie lassen sich von den Reise-Influencer:innen dort inspirieren, verbinden sich über die Plattformen mit der Reisebubble und finden Wege abseits des Massentourismus. Werden sie die künstliche Intelligenz feiern oder eher einen starken Gegentrend in der Reisebranche bleiben?
Das gilt sicherlich jetzt erst mal abzuwarten. Denn die künstliche Intelligenz steckt in vielerlei Hinsicht noch in ihren Kinderschuhen, vor allem in der Reisebranche. Umso wichtiger ist es, dass vertrauenswürdige Gegentrends entstehen, die weiterhin Inspirationsquelle für Reisen sind und vor allem zeigen: Es ist nicht alles Hochglanz beim Reisen.