Immer, wenn in den Medien neue Meldungen über Tourismusproteste weltweit die Schlagzeilen machen, dann fragt man sich manchmal: Wäre es nicht besser, wenn wir einfach daheim bleiben würden? Sicherlich könnte der Anti-Tourismus ein Weg sein, um gegen Overtourism vorzugehen. Aber ist das nicht zu einfach gedacht? In diesem Beitrag erfährst du 9 gute Gründe, warum Anti-Tourismus nicht unbedingt die alleinige Lösung ist und was du selbst tun kannst, um einen kleinen Schritt gegen den Massentourismus zu unternehmen.

Ich reise sehr gerne und auch häufig. Genau deshalb ist es für mich schwer, mich mit dem Gedanken des Anti-Tourismus anzufreunden. Er wäre für die Regionen, die unter Massentourismus leiden und deshalb zu Recht dagegen protestieren, ein Weg. Die wichtigere Frage müsste aber doch sein, warum kommt es überhaupt soweit, dass eine Region maßlos überfüllt ist und der letzte Ausweg eine Demonstration ist, um darauf aufmerksam zu machen?

Erst im August wurde über die Demonstration gegen Massentourismus auf Mallorca berichtet. Auch wir haben bereits über Tourismusproteste, etwa auf den Kanaren, geschrieben. Das soll jetzt aber nicht der zig tausendste Artikel zum Thema Overtourism und Massentourismus werden, sondern vielmehr Lösungsmöglichkeiten aufzeigen und was jede:r einzelne von uns tun kann, um in einfachen Worten gesagt, nicht weniger, sondern besser zu reisen.

Anti-Tourismus als alleinige Lösung?

Meiner Meinung nach kann Anti-Tourismus nicht die alleinige Lösung sein. Wenn wir auf das Reisen verzichten, würden zwar zunächst alle Nachteile von Tourismus im ersten Moment aus dem Weg geschafft, doch dafür würde auch alles Positive, wie Arbeitsplätze, Wohlstand, persönliche Erfahrungen und interkultureller Austausch außer Acht gelassen. Es ist, wie so oft, ein zweischneidiges Schwert.

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Erste Schritte in die richtige Richtung

Einige Länder gehen mit gutem Beispiel voran und versuchen dem Massentourismus Einhalt zu gebieten, indem sie Lösungsmöglichkeiten und Vorschläge anbieten. Venedig verlangt deshalb ein Eintrittsgeld für Tagesbesuche.

Auch Griechenland ist, nach wie vor, ein beliebtes Reiseziel und mit Massentourismus konfrontiert. Besonders die beliebten Strände sind jetzt Teil von Maßnahmen in der Sommersaison. Danach sollen bis zu 70 Prozent der Strandflächen frei von Sonnenliegen bleiben. Zudem werden neue Mindestabstände festgelegt, die die Sonnenliegen zum Ufer haben müssen. Ein kleiner Schritt gegen den Massentourismus und überfüllte Strände.

Blicken wir etwas weiter auf die indonesische Insel Bali. Die Insel hat ziemlich unter dem jährlichen Tourismusansturm gelitten und deshalb müssen Reisende ab sofort eine Einreisegebühr bezahlen. Mit den Einnahmen sollen vor allem Programme zum Schutz der Umwelt finanziert werden.

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Es wird also bereits an unterschiedlichsten Orten etwas gegen Massentourismus getan. Die Frage, die ich mir immer wieder stelle: Was kann ich selbst dafür tun, um ein besserer Tourist zu sein?

Nicht weniger reisen, sondern besser reisen

Eine mögliche Antwort darauf liefert ein Artikel aus der britischen Tageszeitung The Guardian, den ich zu diesem Thema sehr interessant finde. Unter dem Titel "Be a better tourist" listet die Autorin Rachel Dixon 28 Dinge auf, die wir beachten können, um bessere Tourist:innen zu werden.

Der Ansatz ist wirklich sehr spannend, da es nur kleine Dinge sind, die aber einen großen Einfluss auf den gesamten Tourismus haben. Werfen wir doch mal einen Blick auf einige der Punkte, die besonders interessant, sinnvoll und auch relativ einfach umsetzbar sind.

9 Gründe, warum Anti-Tourismus nicht die Lösung sein kann

Diese neun Gründe zeigen dir, dass du nicht komplett auf das Reisen und auch nicht auf den Tourismus verzichten musst. Manchmal bewirkt ein kleines Umdenken schon Großes.

#1 Was willst du erleben?

Die Idee hinter diesem Punkt ist, die Frage umzudrehen. Also frage dich nicht "Wohin soll es gehen?", sondern vielmehr "Was brauche ich von meinem Urlaub"? Indem du die Frage umkehrst, kommst du vielleicht zu einem ganz anderen Schluss. Suchst du Erholung, dann ist vielleicht eine Reise nach Venedig oder Barcelona inmitten von tausenden Tourist:innen nicht die beste Wahl. Vielmehr bietet dir vielleicht eine weniger touristische Gegend genau die Erholung, die du brauchst.

#2 Hinterlasse einen positiven Eindruck

Das klingt zunächst sehr einfach und sollte eigentlich selbstverständlich sein. Ist es aber leider nicht. Einen guten Ansatz verfolgt Justin Francis, er ist Mitbegründer und Vorstandsvorsitzender von Responsible Travel. Laut ihm kannst du überall hinreisen, wenn du einen positiven Eindruck hinterlassen willst. Das bedeutet, dir bewusst zu machen, die negativen Auswirkungen deiner Reise in etwas Positives umzumünzen.

#3 Think local

Erinnere dich zurück. Oft sind es die Einheimischen, die eine Reise zu einem unvergesslichen Erlebnis machen. Wenn du mit Locals in Kontakt trittst, erfährst du am meisten über die jeweilige Region und vermeidest eventuell an die Hotspots zu kommen. Vielmehr bekommst du einen Eindruck in das Leben vor Ort.

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#4 Wähle den richtigen Zeitpunkt

Klar, es gibt Jahreszeiten zu denen ein Ort oder eine Region besonders attraktiv erscheint, allerdings geht das nicht nur dir so und so wirst du vermutlich deine Erfahrung mit einer Masse an Tourist:innen teilen müssen. Deshalb rät Julia Simpson, Präsidentin und Geschäftsführerin vom World Travel and Tourism Council, dass das Ziel ein Gleichgewicht zwischen Lebensqualität vor Ort und Reiseerlebnis sein sollte. Aus eigener Erfahrung kann ich hier immer wieder auf die Nebensaison, sofern das möglich ist, verweisen. Diese Orte sind durch weniger Tourismus und einem angenehmeren Klima besonders attraktiv.

#5 Folge dem Ruf des Slow Tourismus

Bei Slow Tourismus geht es darum, möglichst viel Zeit an einem Ort zu verbringen und in die Kultur und in das Leben vor Ort einzutauchen, ohne dabei einfach nur eine Liste von Sehenswürdigkeiten abzuhaken. Erkunde doch mal das Umland oder nimm dir etwas Zeit und verbringe einen Tag nur in einem Stadtteil.

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#6 Brauchst du wirklich eine Drohne?

Gut, dieser Punkt mag kontrovers sein für alle Content Creators, die als Teil ihres Jobs eine Drohne für Foto- oder Videoaufnahmen benötigen. Aber für einen großen Teil ist es nur ein netter Schnappschuss und da sollte man sich wirklich fragen, ob es oft nicht auch ausreichend ist, bestimmte Momente einfach zu erleben und nicht aus der Vogelperspektive festhalten zu wollen. Zumal es oft auch Postkarten und online Bilder gibt, die genau dieses Motiv schon bereithalten. Also verweile lieber mehr im Moment, anstatt alles dokumentieren zu wollen.

#7 Besuche Nationalparks

Diesen Punkt kann ich definitiv voll unterschreiben. Mit einem Besuch eines Nationalparks entfliehst du nicht nur den Touristenmassen und der Hektik der Stadt, sondern unterstützt auch mit deinem Eintritt die Erhaltung der Natur. Natürlich solltest du hierbei auch darauf achten, auf den ausgeschriebenen Wegen zu bleiben und keine Spuren zu hinterlassen.

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#8 Geh campen!

Für mich als Vanlifer ist das natürlich ein Supertipp. Wobei es in diesem Punkt speziell darum geht, zu Fuß oder mit dem Rad unterwegs zu sein und somit deinen Abdruck absolut zu minimieren. Das geht auch beim Vanlife, wenn du etwa darauf achtest, den Platz, an dem du gewesen bist, sauberer zu hinterlassen, als du ihn vorgefunden hast.

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#9 Nimm den Zug!

Eine Reise mit dem Zug kann noch mal ein ganz anderes Abenteuer sein und entlastet das Verkehrsaufkommen auf Autobahnen. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass unsere Rundreise durch Japan mit dem Zug wirklich ein wunderbares Erlebnis war. So haben wir viel vom Land gesehen und sind entspannt von A nach B gekommen. Oder nimm den Nachtzug. So vergeht die Reise buchstäblich wie im Schlaf, du kommst morgens entspannt an und sparst dir sogar eine Hotelübernachtung.

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Ich hoffe, dass ich dir mit diesen Punkten einen kleinen Denkanstoß geben konnte, warum Anti-Tourismus nicht die alleinige Lösung sein kann, sondern wir auch unseren Horizont erweitern müssen. So finden wir andere, neue Wege, um uns das zu erhalten, was das Reisen ausmacht: mehr über uns selbst zu erfahren und unseren wundervollen Planeten zu verstehen. Dein neues Reisemotto sollte also ab sofort sein: Reise nicht weniger, sondern besser!

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Wie siehst du das? Ist Anti-Tourismus für dich die alleinige Lösung? Lass es uns in den Kommentaren wissen.