Während Südeuropa erneut unter einer Hitzewelle leidet, verschlechtert sich auch auf Inseln wie Santorin das Klima zusehends. Zugegeben, verglichen mit dem Festland sind die Temperaturen hier auf dem Mittelmeer noch vergleichsweise erträglich. Gemeint ist eher das Klima zwischen Einheimischen und Tourst:innen.

Während die Sommersonne auf Santorin scheint und die malerischen Dörfer in warmes Licht taucht, braut sich unter der Oberfläche etwas anderes zusammen: das soziale Klima zwischen Einheimischen und Tourist:innen. Die idyllische Insel kämpft nicht nur gegen die Hitze, sondern auch gegen die wachsende Spannungen, die durch den anhaltenden Tourismusdruck entstehen. Die Stimmung kippt zunehmend, und was einst ein harmonisches Miteinander war, entwickelt sich immer mehr zu einer belasteten Beziehung.

Santorin in der Zwickmühle

Santorin, die Perle der Ägäis, zieht jährlich etwa zwei Millionen Tourist:innen an, was eine erhebliche Belastung für die ohnehin begrenzte Infrastruktur der Insel darstellt. Besonders die Ankunft von 1,3 Millionen Kreuzfahrtpassagieren im Jahr 2023 hat die Straßen, Häfen und Sehenswürdigkeiten der kleinen Insel überstrapaziert. Mit nur etwa 15.000 ständigen Einwohner:innen ist das Verhältnis von Tourist:innen zu Einheimischen extrem unausgeglichen, was während der Hauptsaison von Mai bis Oktober zu einer nahezu ständigen Überfüllung führt.

Längst gehen Videos auf TikTok und Co. viral, die das wahre Leben auf Santorin zeigen, jenseits der Bilderbuchidylle. Zwar kursieren immer noch Bilder von Reisenden und Influencer:innen, die sie angeblich einsam in einer der vielen mit weißen Häusern gesäumten, pittoresken Gassen zeigen. Doch was auf diesen Fotos meistens nicht zu sehen ist, sind die langen Schlangen, damit jeder ein solches Foto von sich machen lassen kann.

Wirtschaftlich ist Santorin stark vom Tourismus abhängig, der rund 90 % der lokalen Wirtschaft ausmacht. Diese Abhängigkeit bringt jedoch auch erhebliche Herausforderungen mit sich. Die hohe Besucherzahl treibt die Lebenshaltungskosten in die Höhe und führt zu Umweltschäden, die den langfristigen Erhalt der Insel gefährden könnten. Die Balance zwischen wirtschaftlichem Nutzen und den negativen sozialen sowie ökologischen Auswirkungen stellt Santorin vor eine schwierige Entscheidung: Wie kann die Insel ihren Charme bewahren, ohne unter dem Tourismusdruck zu zerbrechen?

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Santorin unter Druck – die Herausforderungen

Santorin steht unter erheblichem Druck durch die enormen Touristenströme, die jährlich die Insel erreichen. Die Umwelt leidet besonders unter der Menge an Plastikmüll, der durch den massiven Verbrauch von Flaschenwasser entsteht, da die Insel über keine eigenen Trinkwasserquellen verfügt. Diese Belastung der Umwelt ist nicht nur für die Natur schädlich, sondern beeinflusst auch das tägliche Leben der Einheimischen, die mit den Folgen dieser Verschmutzung leben müssen. Gleichzeitig sorgt der enorme Zustrom von Besucher:innen dafür, dass die soziale Struktur der Insel ins Wanken gerät.

Die steigenden Mieten und die Umwandlung von Wohnraum in Ferienunterkünfte verschärfen die Wohnungsnot für die Einheimischen. Es wird immer schwieriger, bezahlbaren Wohnraum zu finden, da der Tourismus die Nachfrage nach kurzzeitiger Vermietung treibt und die Preise in die Höhe schnellen lässt. Zusätzlich wird die kulturelle Identität der Insel bedroht, da die Besucher:innen oft wenig Rücksicht auf lokale Traditionen und Bräuche nehmen. Dieser Verlust an kultureller Authentizität ist nicht nur für die Bewohner:innen schmerzhaft, sondern auch für die langfristige Anziehungskraft der Insel, die durch ihre einzigartige Kultur geprägt ist.

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Lösungsansätze: Wie kann sich Santorin sanieren?

Die griechische Regierung plant, den Tourismus auf Santorin durch verschiedene Maßnahmen zu regulieren. Dazu gehört unter anderem die Begrenzung der Kreuzfahrtschiffe und der täglichen Besucherzahlen, um die Belastung der Infrastruktur zu verringern. Diese Maßnahmen sollen helfen, die Umwelt und das soziale Gefüge der Insel zu schützen, indem sie den Druck auf die lokale Bevölkerung und die natürlichen Ressourcen mindern. Eine geregelte Besucherzahl könnte zudem dazu beitragen, dass Tourist:innen die Schönheit und Einzigartigkeit der Insel in einem angenehmeren, weniger überfüllten Umfeld erleben können.

Zusätzlich wird die Einführung nachhaltiger Tourismuspraktiken als essenziell angesehen, wie es etwa Kopenhagen mit ihrer CopenPay-Initiative derzeit machen. Die Förderung von Reisen in der Nebensaison und die Verbesserung der Infrastruktur sind ebenfalls zentrale Bestandteile dieser Strategie. Durch Initiativen zur Sensibilisierung der Tourist:innen soll das Bewusstsein für die lokale Kultur und Umwelt gestärkt werden. Dies könnte dazu beitragen, dass Besucher:innen die Insel respektvoller und umweltbewusster erkunden, was langfristig sowohl die touristische Attraktivität als auch die Lebensqualität der Einheimischen auf Santorin sichern würde.

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Fazit: Santorin hat eine Zukunft

Santorin steht stellvertretend für viele Reiseziele, die durch Overtourismus stark belastet werden. Die Insel muss die schwierige Balance zwischen den wirtschaftlichen Vorteilen des Tourismus und der Bewahrung ihrer einzigartigen Umwelt und Kultur finden. Nur durch gezielte Maßnahmen wie die Regulierung der Besucherzahlen, nachhaltige Tourismuspraktiken und die Sensibilisierung der Tourist:innen kann Santorin seine Schönheit und Authentizität bewahren und gleichzeitig eine lebenswerte Zukunft für die Einheimischen sichern.

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