Das Baltikum steht bei vielen oft nicht an erster Stelle der beliebtesten Reiseziele. Aber warum eigentlich nicht? Estland bietet Reisenden, die wandern, zelten oder Bikepacking machen wollen, umfassende Möglichkeiten, die Natur uneingeschränkt zu erleben. Das ist auch Estland: Campingplätze, die kostenlos sind und alles bieten, was das Campingherz höher schlagen lässt. Wie Feuerstelle, Trockentoilette und überdachte Sitzmöglichkeiten.

Als wir unser Camp auf einem offiziellen Campingplatz des staatlichen Forstamtes RMK aufschlagen, fällt uns sofort auf: Es ist Natur pur! Wir hören das Rauschen der Wellen der Ostsee, lauschen dem Vogelgezwitscher und ja – kämpfen im Juli auch gegen die ein oder andere Mücke, wenn der Wind wegbleibt. Die Sonne brennt rot und hell am Horizont, als sie spätnachts untergeht. Wir stehen noch eine Weile am Strand und beobachten fasziniert das Naturschauspiel.

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Good to know: Naturschutzgebiete machen 23 % Estlands aus.

Estland: Campingplätze in der Natur und das sogar kostenfrei

Vor allem im Sommer sind die baltischen Staaten ein schönes naturnahes Reiseziel und besonders Estland mit seiner Hauptstadt Tallinn bietet Reisenden viele Möglichkeiten, das Land zu erkunden. Die beste Reisezeit zum Wandern, für das Camping oder auch für Wassersportarten sind Mai bis September, zu dieser Jahreszeit ist es in Estland lange hell und die Temperaturen angenehm. Private Campingplätze haben meistens in diesem Zeitraum ebenfalls geöffnet, die RMKs sind auch außerhalb der Saison nutzbar.

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Bist du gerne mit dem Rucksack unterwegs oder magst Bikepacking? Dann bietet Estland die perfekte Infrastruktur. Neben zahlreichen privaten Campingplätzen, die über Sanitäranlagen, z. T. auch mit Sauna, alles haben, was du auf deiner Reise benötigst, gibt es auch die sogenannten RMKs. Das sind offizielle kostenfreie Campingplätze, die staatlich finanziert werden, im ganzen Land verteilt sind und Feuerstellen, Trockentoiletten (sogar mit Klopapier!) und überdachte Sitzmöglichkeiten bieten. Dazu gibt es übrigens auch eine App, die eine super Übersicht hat, wo es überall in Estland RMKs gibt. Manche der Plätze sind nur für Wanderer erreichbar, andere liegen genau so, dass sie per Fahrrad super erreicht werden können.

Viele der RMKs liegen in Naturschutzgebieten. Karten zeigen dir dann genau an, wo du zelten und auch parken darfst. Wichtig ist, sich daran zu halten, damit das Angebot auch zukünftig zur Verfügung gestellt wird. Für deinen Müll gibt es extra Mülleimer. Achte darauf, die Plätze so zu hinterlassen, wie du sie vorgefunden hast und am besten noch sauberer!

Wenn du mit dem Camper unterwegs bist, darfst du die RMKs auch nutzen, allerdings vorwiegend dort, wo offiziell geparkt werden darf. Halte dich am besten daran, um die Natur zu schützen.

Foto: Benjamin Bernotat

Super Tipps für deine Route durch Estland bietet auch die offizielle Seite von visitestonia.de.

Estlands "Freedom to Roam"

Dank Estlands „Freedom to Roam"-Politik darfst du unterwegs nicht nur auf offiziellen Campingplätzen dein Zelt aufschlagen, sondern auch überall dort zu Fuß, mit dem Fahrrad, auf Skiern, dem Boot oder zu Pferd unterwegs sein, wo es nicht gesetzlich verboten ist. D. h. du darfst dich überall dort aufhalten, dich bewegen und auch in freier Natur für eine Nacht zelten – außer der Landeigentümer verbietet es.

Das Gesetz sieht ebenfalls vor, dass du wilde Beeren, Pilze, Blumen, Kräuter und Haselnüsse und andere Naturprodukte sammeln darfst, wenn diese nicht durch das Naturschutzgesetz geschützt sind. Außerdem ist es in Ordnung, an öffentlichen Gewässern zu angeln.

​Solltest du von dieser Freiheit Gebrauch machen, denke daran: Bleibe am besten nur für eine Nacht an einem Ort, respektiere die Natur, zerstöre sie nicht durch deinen Aufenthalt und nutze dein Fahrzeug nur dort, wo es auch erlaubt ist. Das gilt besonders für Reisende, die mit dem Camper unterwegs sind.

Übrigens: Auch wenn du in entlegenen Regionen von Estland unterwegs bist und um dich herum nur Natur ist – Internet bzw. eine Verbindung zum Telefonnetz gibt es dennoch. Wir hatten auf unserer Reise durch die baltischen Staaten nie damit ein Problem. Was sehr angenehm ist, wenn du deine Weiterreise planen willst oder Hilfe benötigst.

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Paradies auch auf und im Wasser

Du bist lieber auf dem Wasser unterwegs als zu Fuß auf dem Land? Auch dann wird dir Estland gefallen. Denn was viele nicht wissen: Dort kannst du ausgiebig schwimmen (auch im Winter), Segeln, Windsurfen, Wasserski fahren, Kanu- und Kajaktouren machen. Dabei liegt es ja auf der Hand: Estland ist wasserreich – es verfügt über zahlreiche Flüsse und Seen – und liegt außerdem mit dem größten Teil seiner Grenze direkt an der Ostsee. Hübsche Marinas machen es für passionierte Ostsee-Segler:innen zum beliebten Reiseziel.

Wer über kein eigenes Segelboot verfügt, kann in Estland eines chartern. Oder es sogar lernen, wie z. B. am See Võrtsjärv. Echte Surf-Spots finden sich sowohl entlang der estnischen Nordküste als auch an derKüste der Insel Hiiumaa. Auch Kite-Surfen ist besonders an den langen Sandstränden möglich.

SUP fahren erfreut sich immer größer werdender Beliebtheit. An den zahlreichen Flüssen und Seen kannst du gemütlich paddeln gehen – mit dem SUP oder Kajak.

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Und: Kein Punkt in Estland ist mehr als 10 Kilometer von einem Moor entfernt.

Sie gelten als Schauplatz übernatürlicher Ereignisse und sind Teil zahlreicher traditioneller Sagas und Erzählungen: die mystischen Moore Estlands. Wenn du sie entdecken willst, dann halte Ausschau nach der Möglichkeit der Moorschuh-Wanderung. Ähnlich wie die bei uns bekannten Skischuhe sind Moorschuhe Tennisschläger-förmig, um auf dem weichen Untergrund überhaupt gehen zu können. In den meisten begehbaren Mooren findest du Holzstege. Mit den Moorschuhen kannst du auch abseits dieser Wege wandern. Machst du das zum ersten Mal, solltest du dir auf jeden Fall einen Guide holen. Übrigens schädigst du damit nicht die empfindliche Natur der Moore: die Moorschuhe helfen dabei, dass du durch das Moor wandern kannst, ohne die Natur zu beeinträchtigen.

Brauchst du nach einer aufregenden Wanderung eine abkühlende Pause, kannst du in den Mooren auch baden gehen: Moorwasser, auch als "lebendes Wasser" bekannt, ist reich an organischen Verbindungen, die für eine zarte, straffe Haut sorgen. Wer morgens baden geht, fängt gleichzeitig auch die mystische Stimmung der Moore ein.

Grundregeln einhalten

Wie in anderen nördlichen Ländern auch, etwa Skandinavien, ist es auch in Estland möglich, in der freien Natur zu zelten. Wichtig ist dabei, die Grundregeln eines jeden Landes zu beachten. Achte auf die Natur, respektiere sie, hinterlasse keinen Müll und informiere dich vorher über die Strecke, die du zu Fuß, mit dem Fahrrad oder auf dem Wasser zurücklegen willst. Allzu oft ist es bereits passiert, dass solche Reisemöglichkeiten eingeschränkt werden mussten, weil Menschen sich eben nicht an die Gesetze halten und die Natur schädigen. Also ist somit Grundregel Nr. 1: Genieße die Freiheit mit Verantwortung!

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