Diese Frage, weshalb wir reisen, ist ehrlicherweise nicht einfach zu beantworten und ganz individuell. Jeder reist aus einem anderen Grund. Meine Name ist Ben und ich halte diese „Warum“-Fragen ohnehin immer für schwierig, weil sie schon etwas Pseudophilosophisches haben. Man versucht, etwas nicht greifbares in Worte zu fassen. Und doch möchte ich einen Versuch wagen. Warum reisen wir? Warum fahren oder fliegen wir an einen bestimmten Ort, der nicht unsere Heimat ist? Ist es bloß Alltagsflucht oder doch mehr als das? Ich habe das Redaktionsteam und mich befragt. Das Ergebnis sind 9 sehr gute Gründe, warum wir reisen.

Ich, Ben, sitze gerade am nördlichsten Punkt in Schottland und blicke auf das türkisblaue Meer und schaue den sich brechenden Wellen zu, wie sie am Strand als Weißwasser auf den Sand treffen. Genau dafür reise ich und für noch so vieles mehr. Es sind die Begegnungen, Erfahrungen und Eindrücke, die uns staunen oder unsere Prinzipien und Weltanschauungen überdenken lassen. Dabei kommt mir aber auch in den Sinn, dass es eine noch einfachere Antwort auf diese Frage gibt: nämlich, weil ich es kann.

Reisen ist ein Privileg

Es ist ein Privileg, das ich mir einerseits erarbeitet habe, da ich jetzt als freiberuflicher Content Creator und Musiker von überall aus arbeiten kann und andererseits wurden mir die Grundvoraussetzungen überhaupt reisen zu können buchstäblich in die Wiege gelegt. Vielleicht wird das Ganze an einem Beispiel deutlicher. Meine erste Fernreise war Kuba. Mit einem etwas heruntergekommenen Mietwagen durften wir Kuba 3 1⁄2 Wochen erkunden. In Gesprächen mit Einheimischen wurde uns auf einmal bewusst, welches Privileg wir haben, dass wir nach Kuba reisen dürfen. Zu diesem Zeitpunkt, das ist schon ein paar Jahre her, durften Kubaner:innen nur beschränkt aus aus ihrem Heimatland ausreisen und nur mit einem Grund, wie sportliche Events oder Kultur. Ich bin in Deutschland geboren und aufgewachsen und habe deshalb nie einen Gedanken daran verschwenden müssen, ob ich überhaupt reisen darf. Vielmehr bestand immer die sprichwörtliche Qual der Wahl: Wenn du die Möglichkeit hast, überall hinzureisen, wo soll es dann hingehen?

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Was bedeutet Reisen?

Heute verstehe ich unter Reisen aber auch etwas anderes als noch zur damaligen Zeit. Reisen ist für mich für einen gewissen Zeitraum ein Land, die Kultur, die Menschen, die Besonderheiten und die Eigenheiten kennenzulernen und sich darauf einzulassen. Ohne den Druck in möglichst kurzer Zeit, alle Sehenswürdigkeiten, die besten Fotospots und alle Events mitzunehmen, die es gibt. Wo beginnt eigentlich Reisen?

Man könnte jetzt einfach sagen: Reisen beginnt, wenn man seine gewohnte Umgebung verlässt. Das ist sicherlich richtig, denn vor einer Reise bin ich schon immer etwas aufgeregt, da ich etwas Neues und Unbekanntes kennenlerne und nicht weiß, wie es werden wird.

Ich bin mal in mich gegangen und habe zudem meine Kolleg:innen gefragt, weshalb sie so gern unterwegs sind.

Warum reisen wir? Hier sind 3 gute Gründe von Ben:

Foto: Viola Hinträger

#1 Reisen inspiriert mich

Neben meiner Arbeit als Content Creator bin ich Singer & Songwriter und deshalb inspiriert mich Reisen sehr in meiner Musik. Viele Songs handeln von Erfahrungen, die ich auf Reisen gemacht oder von Menschen, die ich kennengelernt habe. Es sind, glaube ich, genau diese oftmals auch nur kurzen Bekanntschaften, die für mich das Reisen ausmachen und mich inspirieren. Sei es der Surflehrer in Bocas del Toro in Panama, der das Surfen als „fake it till you make it“-Metapher für das Leben sieht. Oder der liebenswürdig-verschrobene Campingplatzbesitzer im Norden von Island, den alle passenderweise „Gandalf“ nennen. Oder der Kubaner auf der Parkbank, der mir etwas über das Leben in Kuba erzählt. Diese Erfahrungen werde ich für immer bei mir tragen und sie verändern auch etwas in mir und helfen mir, mehr über mich zu erfahren.

#2 Reisen zeigt mir, wer ich bin

Das soll jetzt nicht nach einem Estorik-Grundkurs klingen, aber Reisen hilft mir dabei herauszufinden, was mich glücklich macht und was mich auch ausmacht. Auf Reisen bin ich nicht mehr in meiner Komfortzone – wobei mittlerweile hat sich diese Komfortzone sehr vergrößert und auf Reisen zu sein, fühlt sich, wie ein Teil von mir an. Ich muss mich auf unterschiedliche Gegebenheiten einstellen oder Lösungen für Probleme suchen, von denen ich nicht wusste, dass es sie gibt. Jedes Mal lerne ich somit etwas dazu und kann mit ungewohnten Situationen lässiger umgehen.

#3 Reisen macht verdammt viel Spaß

Mit das Wichtigste ist auch, dass Reisen verdammt viel Freude macht. Es sind einmalige Augenblicke, die mich mit offenem Mund dastehen lassen und bei denen ich mich selbst kneifen muss, um zu begreifen, dass ich das gerade erlebe. Das erste Mal die Nordlichter zu sehen, ist ein unbeschreibliches Gefühl. Auf der Ringstraße durch Island zu fahren und diese unendliche Weite und die faszinierenden Landschaften zu bestaunen. In einem Land, in dem man die Sprache nicht versteht, nach einiger Zeit trotzdem ein Gefühl von Zuhause zu bekommen, das ist einfach Hammer. Und genau wegen dieser und vieler weiterer Erfahrungen und Erlebnisse reise ich.

Es ist ja nur ein Zufall, an welchem Ort der Welt wir geboren werden, wir haben darauf keinen Einfluss. Warum sollten wir nicht deshalb auch herausfinden wollen, wie es an anderen Orten ist? Unser Zuhause ist im Prinzip zwar unstrittig, doch an welchem Ort ist unser Herz daheim?

Warum reisen wir? Hier sind 3 gute Gründe von Thorsten:

Foto: Thorsten Kolsch

#1 Reisen bedeutet für mich Freiheit und Vielfalt

Seit 2014 bezeichne ich mich als digitalen Nomaden, also als ortsunabhängig lebenden und arbeitenden Menschen. Die meiste Zeit davon war ich nicht in meiner Heimat Hamburg. Es waren Orte wie die Kanarischen Inseln, Thailand, Südamerika oder Budapest. Orte, die nicht zwingend schöner sind als Hamburg (geht ja auch gar nicht), aber anders.

Doch was wichtiger ist: Diese Orte haben mir gezeigt, dass die Welt heute ein Dorf ist. Mein Lieblingsfriseur in Budapest, mein Lieblingsitaliener auf Teneriffa, mein Lieblingsstrand in Kroatien, mein Lieblingssonnenuntergang in Peru – für dieses Privileg, die Welt über die Jahre zusammenwachsen zu sehen, bin ich unendlich dankbar. Denn es hat mir die Freiheit geschenkt, überall leben und von überall aus arbeiten zu können.

#2 Reisen gibt mir Energie

Es ist nicht so, dass ich es nicht versucht hätte, an einem Ort zu bleiben. Sei es aus Covid- oder Beziehungsgründen. Doch sobald ich mich länger irgendwo niederließ, spürte ich recht schnell wieder diese berühmten Hummeln im Hintern. Es ist diese Perspektive auf das Neue, auf das Unbekannte, die meine Batterie auflädt. Oder aber die Vorfreude auf die vielen Orte, an die ich wieder zurückkehre auf meinen Reisen. Zu wissen, mehrere Heimaten zu haben und sich zu Hause fühlen zu können, ist für mich ein sehr befriedigendes Gefühl, das ich nicht mehr missen möchte.

#3 Reisen schmeckt mir

Es klingt wie eine Randnotiz, aber die Kulinarik der Kulturen ist für mich ein weiterer wichtiger Grund, warum ich reise. Meine These: Nicht nur die Liebe geht durch den Magen, auch das Reisefieber. Es ist eben etwas anderes, eine original neapolitanische Pizza in Italien zu essen als in Argentinien, genauso wie es etwas anderes ist, ein argentinisches Steak in Deutschland zu essen als im Heimatland.

Das Erste, was ich in einer neuen Stadt tue, ist die Supermärkte Reihe für Reihe auszuchecken. Wie ticken die Porteños in Buenos Aires? Wieso ist hier überall Tee, während man den Kaffee suchen muss? Warum kosten zwei Avocados auf Fuerteventura zehn Euro, während sie dir in Mexiko hinterher geschmissen werden? Kurz: Essen und Trinken und die lokale Gastronomie sind für mich eine tolle Möglichkeit und Motivation, die Kultur und Land und Leute des Landes kennenzulernen.

Warum reisen wir? Hier sind 3 gute Gründe von Vio:

Foto: Benjamin Bernotat

#1 Reisen lässt mich die Natur spüren

Ich bin in einem Land aufgewachsen, in dem es dem Großteil der Menschen gut geht. In einem Land, in dem der Umgang mit der Natur keine allzu große Rolle spielt – einfach, weil sie sich bändigen lässt. Durch das Reisen habe ich gemerkt, dass es aber auch anders geht. Viel ehrfürchtiger und genügsamer. Das Leben der Einheimischen von Island etwa wird von den Naturgewalten vor Ort bestimmt. Nicht andersherum. Wonach ich mich sehne, ist genau das: die Dankbarkeit zu spüren, für das, was uns die Natur tagtäglich gibt. Ich will die Natur erleben und sehen, was sie alles kann. Es bringt mir unglaublich viel Freude, Naturphänomene zu beobachten, die Flora und Fauna eines Landes kennenzulernen und über bisher Unbekanntes zu staunen. Es inspiriert mich jeden Tag zu einem respektvolleren Umgang mit der Natur.

Denn die Natur setzt unserem Leben gleichzeitig auch Grenzen. Diese Grenzen akzeptieren wir Menschen aber oft nicht, wir setzen uns darüber hinweg. Durch meine Reisen in Länder, die mit der Natur viel mehr im Einklang stehen, sie respektvoller und vor allem Ressourcen schonender nutzen, erlebe ich immer wieder neue Wege, was möglich ist. Es inspiriert mich und gibt mir innovative Anstöße, anders zu denken. Vieles davon trage ich mit in meine Heimat und integriere ich in meinen Alltag. Damit ich die Natur auch zukünftig auf meinen Reisen erleben kann.

#2 Reisen zeigt mir Kontraste

Bin ich zu Hause in der Heimat und in meinem gewohnten Umfeld lebe ich wie in einer Bubble. Ich kenne den Supermarkt um die Ecke, ich kenne die Wege und weiß, wie ich mich um Begegnungen drücken kann. Auf Reisen geht das nicht. Da erlebe ich ständig etwa neues. Gerade bei den Reisen mit dem Camper muss ich mich neuen Gegebenheiten stellen, den neuen Orten und dem ständigen Kontakt zu anderen Menschen, die ich nicht kenne. Ein anderes Wetter, andere Essgewohnheiten, andere Landschaften. Kontrastreich.

Reisen lehrt mich genau diesen Kontrast. Ich lerne das Leben von anderen Menschen kennen, das absolut gegenteilig von meinem ist. Das ist unfassbar lehrreich, spannend und gelegentlich erschreckend. Manchmal bin ich dann kontrastmüde und froh, wieder in meiner gewohnten Umgebung zu sein. Aber vorwiegend aus dem einen Grund: weil ich das Leben außerhalb meiner Bubble kennengelernt habe.

#3 Reisen ist Gänsehaut pur

Es sind die vielen Erinnerungen und Momente, die ich auf meinen Reisen sammle. Wenn ich an sie denke, kribbelt es auf meiner Haut – ich habe Gänsehaut pur. Immer wieder erzähle ich von den Geschichten, die ich erlebt habe. Ich hole sie mir ins Gedächtnis und sie bringen mich zum Lächeln, manchmal sogar zum Schwärmen. Durch das Reisen lerne ich aber auch, Momente wertzuschätzen und sie zu genießen. Unabhängig davon, wo und wann ich sie gemacht habe. Ich achte darauf, mein Leben nicht nur an mir vorbeiziehen zu lassen, sondern es bewusst wahrzunehmen. Immer wieder neue solche Momente zu generieren, die mir eine Gänsehaut verschaffen.

Aus welchen Gründen reist du? Schreib es in die Kommentare!